Gerichtsentscheidungen
Achtung: Messestand gilt als Geschäftsraum, mit der Folge, dass der Verbraucher einen dort abgeschlossenen Vertrag nicht einfach widerrufen kann!
Der EuGH hat mit Urteil vom 07.08.2018 - Rs. C-485/17 entschieden, dass ein verständiger Verbraucher damit rechnen muss, auf einem Messestand auf einen Vertragsabschluss wie in einem Geschäftsraum des Unternehmers angesprochen zu werden. Unterzeichnet er dort einen Vertrag, kann er ihn nicht einfach mit Bezug auf die Regelung widerrufen, es läge hier ein “außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag” (§ 312g Abs. 1 BGB) vor.
Der EuGH hat mit Urteil vom 07.08.2018 - Rs. C-485/17 entschieden, dass ein verständiger Verbraucher damit rechnen muss, auf einem Messestand auf einen Vertragsabschluss wie in einem Geschäftsraum des Unternehmers angesprochen zu werden. Unterzeichnet er dort einen Vertrag, kann er ihn nicht einfach mit Bezug auf die Regelung widerrufen, es läge hier ein “außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag” (§ 312g Abs. 1 BGB) vor.
Keine Vergütung nach einem berechtigten Widerruf!
Das OLG Stuttgart, Urteil vom 17.07.2018 - 10 U 143/17 (nicht rechtskräftig), hat entschieden:
- Bei einem Vertragsschluss im Rahmen einer Abendeinladung liegt ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag vor (§ 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB) mit der Folge, dass dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht (§ 312g Abs. 1 BGB i. V. m. § 355 BGB), über welches der Architekt zu belehren hat (§ 312d Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB i. V. m. 246a und 246b EGBGB).
- Ohne Belehrung über den Widerruf endet die Frist zum Widerruf nicht nach 14 Tagen, sondern nach 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss (§ 356 abs. 3 S. 2 BGB).
- Ein Schreiben, dass kein Vertrag geschlossen sei, stellt einen wirksamen Widerruf dar.
- Der Widerruf kann in einem Prozess auch dann berücksichtigt werden, wenn sich der Verbraucher nicht darauf beruft.
- Eine Rückgewähr ist auch bei Architektenleistungen ausgeschlossen, entsprechend hat der Architekt keinen Anspruch auf Wertersatz.
(Nicht rechtskräftig ist die Entscheidung nur zur Art des Widerrufs.)
Das OLG Stuttgart, Urteil vom 17.07.2018 - 10 U 143/17 (nicht rechtskräftig), hat entschieden:
- Bei einem Vertragsschluss im Rahmen einer Abendeinladung liegt ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag vor (§ 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB) mit der Folge, dass dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht (§ 312g Abs. 1 BGB i. V. m. § 355 BGB), über welches der Architekt zu belehren hat (§ 312d Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB i. V. m. 246a und 246b EGBGB).
- Ohne Belehrung über den Widerruf endet die Frist zum Widerruf nicht nach 14 Tagen, sondern nach 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss (§ 356 abs. 3 S. 2 BGB).
- Ein Schreiben, dass kein Vertrag geschlossen sei, stellt einen wirksamen Widerruf dar.
- Der Widerruf kann in einem Prozess auch dann berücksichtigt werden, wenn sich der Verbraucher nicht darauf beruft.
- Eine Rückgewähr ist auch bei Architektenleistungen ausgeschlossen, entsprechend hat der Architekt keinen Anspruch auf Wertersatz.
(Nicht rechtskräftig ist die Entscheidung nur zur Art des Widerrufs.)
Verbraucher können sich darauf verlassen, dass Architekten erfahren sind, wenn sie in der Kammer eingetragen sind!
Das OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.10.2017 - 12 N 77.16, hat entschieden, dass die Eintragung in die Architektenliste (Fachrichtung Architektur) eine mindestens zweijährige praktische Tätigkeit, die sich zu einem wesentlichen Teil auf die Planung von Bauwerken bezieht (Leistungsphasen 1 bis 5 nach HOAI), erfordert.
Das OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.10.2017 - 12 N 77.16, hat entschieden, dass die Eintragung in die Architektenliste (Fachrichtung Architektur) eine mindestens zweijährige praktische Tätigkeit, die sich zu einem wesentlichen Teil auf die Planung von Bauwerken bezieht (Leistungsphasen 1 bis 5 nach HOAI), erfordert.
Achtung bei Verträgen mit nicht deutschen Architekten und Ingenieuren!
So hat der BGH, Urteil vom 30.03.2006 - VII ZR 249/04, entschieden, dass im Vertrag getroffene Gerichtsstandsvereinbarungen wirksam sind. Gerade in den grenznahen Bereichen mit Sitz des Planers in Frankreich, Belgien, Holland, Dänemark, Polen, Tschechien, Österreich oder der Schweiz gilt dies zu beachten.
So hat der BGH, Urteil vom 30.03.2006 - VII ZR 249/04, entschieden, dass im Vertrag getroffene Gerichtsstandsvereinbarungen wirksam sind. Gerade in den grenznahen Bereichen mit Sitz des Planers in Frankreich, Belgien, Holland, Dänemark, Polen, Tschechien, Österreich oder der Schweiz gilt dies zu beachten.
Sonderkündigungsrecht von Architekten- und Ingenieurverträgen!
Nach § 650r BGB gibt es für den Auftraggeber bei Architekten- und Ingenieurverträgen (welche nach dem 01.01.2018 geschlossen sind) ein Sonderkündigungsrecht nach Vorlage der Unterlagen nach § 650p Abs. 2 BGB (Planungsgrundlage und Kosteneinschätzung). Dieses erlischt bei einem Verbraucher nur dann, wenn der Architekt oder Ingenieur den Verbraucher in Textform über dieses Recht, die Frist und die Rechtsfolgen der Kündigung unterrichtet hat.
Nach § 650r BGB gibt es für den Auftraggeber bei Architekten- und Ingenieurverträgen (welche nach dem 01.01.2018 geschlossen sind) ein Sonderkündigungsrecht nach Vorlage der Unterlagen nach § 650p Abs. 2 BGB (Planungsgrundlage und Kosteneinschätzung). Dieses erlischt bei einem Verbraucher nur dann, wenn der Architekt oder Ingenieur den Verbraucher in Textform über dieses Recht, die Frist und die Rechtsfolgen der Kündigung unterrichtet hat.
Kein Verzug ohne Belehrung!
Der BGH, Urteil vom 25.10.2007 - III ZR 91/07, hat entschieden, dass die Übersendung einer Rechnung mit der einseitigen Bestimmung eines Zahlungsziels durch den Gläubiger ohne die erforderliche Belehrung des Verbrauchers (BGB § 286 Abs. 3 Satz 1) einen Verzug des Schuldners nicht zu begründen vermag.
Der BGH, Urteil vom 25.10.2007 - III ZR 91/07, hat entschieden, dass die Übersendung einer Rechnung mit der einseitigen Bestimmung eines Zahlungsziels durch den Gläubiger ohne die erforderliche Belehrung des Verbrauchers (BGB § 286 Abs. 3 Satz 1) einen Verzug des Schuldners nicht zu begründen vermag.
Architektenverträge können nicht an den Grundstücksverkauf gekoppelt werden!
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 16.06.2011 - 1 BvR 2394/10) setzt einen Schlusspunkt. Das so genannte Kopplungsverbot gewährt einem Bauherrn die Freiheit, zwischen verschiedenen Ingenieuren oder Architekten nach fachlichen Kriterien zu wählen. Er soll nicht schon durch den Erwerb eines Grundstücks an einen bestimmten Vertragspartner gebunden sein.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 16.06.2011 - 1 BvR 2394/10) setzt einen Schlusspunkt. Das so genannte Kopplungsverbot gewährt einem Bauherrn die Freiheit, zwischen verschiedenen Ingenieuren oder Architekten nach fachlichen Kriterien zu wählen. Er soll nicht schon durch den Erwerb eines Grundstücks an einen bestimmten Vertragspartner gebunden sein.
Gut, wenn man Verbraucher ist!
So hat das OLG Naumburg, Urteil vom 10.10.2013 - 1 U 9/13, entschieden, dass die Mindestsätze der HOAI regelmäßig dann nicht greifen, wenn der Architekt ein niedrigeres Pauschalhonorar anbietet und später die höheren Mindestsätze abrechnen will. Denn ein Verbraucher könne erwarten und erwartet es nach der Lebenserfahrung regelmäßig, unter keinen Umständen mehr zahlen zu müssen, noch dazu, wenn die Pauschale als Festpreis bezeichnet ist, so das Gericht.
So hat das OLG Naumburg, Urteil vom 10.10.2013 - 1 U 9/13, entschieden, dass die Mindestsätze der HOAI regelmäßig dann nicht greifen, wenn der Architekt ein niedrigeres Pauschalhonorar anbietet und später die höheren Mindestsätze abrechnen will. Denn ein Verbraucher könne erwarten und erwartet es nach der Lebenserfahrung regelmäßig, unter keinen Umständen mehr zahlen zu müssen, noch dazu, wenn die Pauschale als Festpreis bezeichnet ist, so das Gericht.
Verbraucher aufgepasst
Lt. OLG Brandenburg, Urteil vom 22.12.2015 - 12 U 152/14, kann ein Bauunternehmer, der zunächst mit Planung und Bau beauftragt ist, die Planungsleistungen nach den Vorschriften der HOAI abrechnen, wenn der Bau nicht realisiert werden soll.
Lt. OLG Brandenburg, Urteil vom 22.12.2015 - 12 U 152/14, kann ein Bauunternehmer, der zunächst mit Planung und Bau beauftragt ist, die Planungsleistungen nach den Vorschriften der HOAI abrechnen, wenn der Bau nicht realisiert werden soll.
Vermessungsleistungen von Landkreisen ohne Umsatzsteuer!
So hat der BGH, Urteil vom 10.06.2010 - I ZR 96/08 entschieden, dass ein Landkreis unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet sei, für von ihm erbrachte ingenieurtechnische Vermessungsleistungen auf das nach HOAI abgerechnete Honorar Umsatzsteuer aufzuschlagen.
Veröffentlicht unter
https://sachverstaendigenrgister.blogspot.com/p/redaktion.html
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So hat der BGH, Urteil vom 10.06.2010 - I ZR 96/08 entschieden, dass ein Landkreis unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet sei, für von ihm erbrachte ingenieurtechnische Vermessungsleistungen auf das nach HOAI abgerechnete Honorar Umsatzsteuer aufzuschlagen.
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Verbindliche Mindest- und Höchstsätze der HOAI mit EU-Recht unvereinbar – EuGH vom 04.07.2019 – C-377/17
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 2g und Abs. 3 der RL 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt dadurch verstoßen hat, dass sie verbindliche Honorare für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat.
Die Entscheidung hat zur Folge, dass Vertragsparteien seit 2006 an irgendwelche Mindest- oder Höchstsätze, wie sie in der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) enthalten sind, nicht (mehr) gebunden sind; sie können selber wirksam frei vereinbaren, welches Honorar der Architekt/Ingenieur für seine Leistungen erhalten soll.
Das Urteil wirft in der Praxis zahlreiche, bislang ungeklärte Rechtsfragen insbesondere über das Schicksal früher getroffener Vereinbarungen und Gerichtsentscheidungen auf, die von der Wirksamkeit der gesetzlichen Mindest- oder Höchstsätze ausgegangen sind. Hier ist die Einholung (fach)anwaltlichen Rates dringend geboten.
Urteil des EuGH vom 04.07.2019
C-377/17
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 2g und Abs. 3 der RL 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt dadurch verstoßen hat, dass sie verbindliche Honorare für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat.
Die Entscheidung hat zur Folge, dass Vertragsparteien seit 2006 an irgendwelche Mindest- oder Höchstsätze, wie sie in der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) enthalten sind, nicht (mehr) gebunden sind; sie können selber wirksam frei vereinbaren, welches Honorar der Architekt/Ingenieur für seine Leistungen erhalten soll.
Das Urteil wirft in der Praxis zahlreiche, bislang ungeklärte Rechtsfragen insbesondere über das Schicksal früher getroffener Vereinbarungen und Gerichtsentscheidungen auf, die von der Wirksamkeit der gesetzlichen Mindest- oder Höchstsätze ausgegangen sind. Hier ist die Einholung (fach)anwaltlichen Rates dringend geboten.
Urteil des EuGH vom 04.07.2019
C-377/17
C-377/17
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